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Die Bilderbibel des Meisters Schäufelin

„Da lig ich und ruo schick dich du muost auch herzuo.“ Ob der Anno 958 verstorbene Ritter Hartmut von Lobdeburg, der dem Besucher von Auhausen solchermaßen stoische Gelassenheit anempfiehlt, bereits das Benediktinerkloster gegründet hat, ist nicht eindeutig zu belegen. Das üppige Renaissancedenkmal über seiner schlichten romanischen Tumba haben 1542 die Markgrafen von Ansbach setzen lassen. Da war bereits die Reformation durchgeführt, das Kloster aufgelöst und der große Sturm des Bauernkrieges im Ries gerade vorbei. Dessen Spuren sind noch überall zu sehen. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege war auch nicht bereit, Ergänzungen etwa am arg mitgenommenen Chorgestühl im großen gotischen Chor zu dulden, wo, die wütenden Bauern Kleinholz gemacht hatten. Weil der Bauernkrieg von 1525 in dieser Gegend ein Stück Geschichte ist.
Die Restaurierung der ehemaligen Klosterkirche Auhausen hat den Landesdenkmalplan über Jahre beschäftigt. In diesem Frühjahr werden Kunstfreunde in großer Zahl .erstmals nach Abschluß aller wesentlichen Arbeiten in das stille Dorf an der Wörnitz zwischen Oettingen und Wassertrüdingen pilgern. .Für viele wird die Kirche eine Neuentdeckung sein, ein wahrhaftiges Dornröschen, das aus sehr langem Schlaf aufgeweckt worden ist.
Zurück zu den Benediktinern zunächst, die es erwiesenermaßen im frühen zwölften Jahrhundert in „Ahuse“ schon gegeben hat. Sie bauten die, dreischiffige romanische Pfeilerbasilika, die jetzt im Langhaus nach der Restaurierung wieder deutlicher erkennbar ist und die zwei Westtürme, einen romanischen und einen gotischen. Ihr letzter Abt, Georg Truchseß von Wetzhausen aus einer im heutigen bayerischen Protestantismus noch wohlbekannten Familie, fügte zwischen 1513 und 1519 die beiden gotischen Seitenkapellen an und vor allem den großen Chor. Ihm ist auch das kostbarste Kunstwerk von Auhausen zu verdanken: der große Flügelaltar des Hans Schäufelin, Dürer-Schüler und Bürger der Reichsstadt Nördlingen, vom Jahre 1513: Als 1525 die wütenden Bauern vom Ries und vom nahen Hesselberg das Kloster stürmten und sich in der Kirche vor allem den Mönchschor vornahmen, entging der Schäufelin-Altar nur deswegen der Zerstörung, weil er damals noch unter dem romanischen Triumphbogen zwischen Chor und Langhaus stand., Letzteres war dem gemeinen Volk zugewiesen, das, damals ja nicht lesen konnte, weshalb des Meisters Schäufelin berühmtestes Altarwerk als große Bilderbibel angelegt ist.
Das Hauptbild des geöffneten Altars ist eine Krönung Mariens, umgeben von den Symbolen der vier Evangelisten, dem Lamm aus der Geheimen Offenbarung, Engelschören sowie Figuren aus dem Alten und Neuen Testament, auf der Innenseite des linken Flügels finden sich oben die Nothelfer, unten weltliche Majestäten und heilige Frauen, darunter Katharina mit Schwert und Rad, Barbara mit dem Kelch und Apollonia als Patronin gegen Zahn- und Kopfweh mit der Zange. Mitten in dieser Gruppe hat sich Schäufelin samt Schwiegersohn und Mitarbeiter Sebastian Daig verewigt. Gegenüber auf dem rechten Flügel geht es weiter mit Kirchenlehrern und Ordensstiftern oben und einem dichtbevölkerten Fegefeuer unten, aus dem Engel mit schwarzen Flügeln die freigebeteten Seelen heraufholen. Bei geschlossenen Flügeln sind während der Passionszeit vier Szenen aus der Leidensgeschichte zu sehen und außen Georg, Christophorus; Benedikt und Hieronymus mit einem besonders artig Männchen machenden Löwen.
Auch die Predella zwischen Altarbild und Altartisch kann man auf- und zuklappen. Die Außenseiten zeigen Scholastika, die legendäre Schwester des heiligen Benedikt, und noch einmal die heilige Barbara, daneben eine „Anna Selbdritt“ und eine Ottilie, die recht drastisch darauf hinweist; daß man sie um Hilfe anrufen darf, wenn mit den Augen etwas nicht stimmt. Aufgeklappt bietet die Predella drei Szenen der Auferstehungsgeschichte und dazwischen eine Idylle von dokumentarischer Bedeutsamkeit: Hinter einem knienden Papst erscheint da mitten in den dunklen Wäldern der Umgebung, in .denen man heute noch ganze Tage mutterseelenallein verwandern kann, das komplette Kloster Auhausen von 1513. Eine schöne reichgegliederte Abtei, wie Benediktiner sie zu bauen pflegten.

Die gelernte Philologin Dr. Margarete Meyer, die sich kunstinteressierten Besuchern als Führerin zur Verfügung stellt und die Kirche seit den zwanziger Jahren in allen Details kennt, macht darauf aufmerksam, daß auf den 16 Tafeln des Altars nicht weniger als 291 Köpfe sind, jeder mit einem individuellen Gesicht. Zur Nachprüfung und zum Genuß der Farbensinfonie läßt sie einen dann diskret allein.

In zehn Jahren ist einiges wiedergutgemacht worden, was die letzten zwei Jahrhunderte an Auhausen hatten verderben lassen. Der eigentliche Niedergang hatte eingesetzt, als 1791 das Markgrafentum Ansbach, seit 1531 Herr in Auhausen, an Preußen kam und kurz nach 1800 ans neue Königreich Bayern. Unter bayerischem Regiment ging es, wie damals gewohnt, höchst gleichgültig zu gegenüber historisch Wertvollem. Ein wunderschöner Kreuzgang und sämtliche Klostergebäude wurden verkauft und größtenteils zwischen 1818 und 1826 abgerissen. Bis auf das ehemalige Abthaus ist inzwischen alles verschwunden, was auf dem oben erwähnten kleinen Altartäfelchen noch komplett erscheint. Die Kirche blieb zwar stehen, aber in einem trostlosen Zustand. Die Bemühungen um eine Generalrestaurierung begannen nach dem Zweiten Weltkrieg.
So, wie Auhausen heute aussieht ist es vor allem das moralische Verdienst des im vorigen Jahr in den Ruhestand getretenen Pfarrer Wilhelm Maisel. Seit 1531 ist die Kirche .Pfarrgotteshaus der evangelisch-lutherischen Gemeinde. Außerhalb der ehedem freien Reichsstädte ist in Bayerisch-Schwaben die .geschichtliche Tradition der Protestanten nirgends so lebendig geblieben bis auf den heutigen Tag wie im Ries, wo größere geschlossene evangelische Gebiete die häufig gewaltsame Rekatholisierung im Zeitalter der Gegenreformation überstanden haben, sichtbar noch jetzt auf Anhieb auch im äußeren Ortsbild. Das kleine Auhausen mit seiner 500-Seelen-Gemeinde spielt in dieser Tradition seine stolze Rolle: Im Mai 1608, wurde dort die „Protestantische Union“ geschlossen, die bis in die ersten Jahre des Dreißigjährigen Krieges Bestand hatte.
Geschichte, und was sie an Stimmungen im Milieu auslöst, wirkt manchmal lange an ein und demselben Platz. Daß die staatliche bayerische Denkmalpflege Auhausen ab 1972 in ihren zweiten Fünfjahresplan aufgenommen und sich neben dem Bezirk Schwaben und dem Landkreis Donau-Ries, der Gemeinde Auhausen und der Landeskirche als finanzieller Nothelfer erkenntlich gezeigt hat, zieht letztlich auch einen versöhnlichen Schlußstrich unter ein diffiziles Kapitel Konfessionsgeschichte in Bayern.
Die Anfang 1973 begonnene Instandsetzung nach Plänen des Architekten Wolfgang Gsänger, Georgensgmünd, zielte auf möglichst weitgehende Wiederherstellung der Raumsituation von 1531. Dem äußeren Bild der romanischen Kirchenanlage fehlen freilich die Klostergebäude. Dafür betritt man jetzt über einen mauerumfriedeten Vorplatz die wiedereröffnete romanische Vorhalle und durch eine romanische Tür unter der Westernpore das Langhaus. Aus dem Raum sind die in der Reformationszeit eingefügten Emporen verschwunden und die Pfeiler samt Bögen auf ursprüngliche optische Länge gebracht, indem der Fußboden der ersten Bauzeit aufgegraben und die Decke wieder über den Hochgaden hinaufversetzt wurde.
Unter dem Anstrich der Holzbretterdecke im Langhaus ist eine zauberhaft bemalte dekorative Decke mit der Jahreszahl 1542 freigelegt worden. Auch die zarten Blumemuster in den wieder unbehindert sichtbaren Gewölben sind ursprünglich, ebenso die Fresken an einigen Pfeilern.
Das Sakramentshäuschen und das Erinnerungsmal an die Jerusalem-Fahrt des Stifters Abt Georg Truchseß im östlichen Chor sind vom, berühmten Loy Hering aus Eichstätt. Die Orgel im Westen mit dem Prospekt von 1176 hat, mich mehrmaliger Überholung noch Immer die hohe Chorstimmung von damals. Zwischen beiden Punkten häufen sich die Denkmäler mit Baedeker-Bedeutung. Das vorläufig jüngste ist ganz frisch: ein Wandtäfelchen zur Erinnerung an einen ökumenischen Gottesdienst im Mai 1975 mit den Bischöfen Hanselmann und Stimpfle – zwei Riesern – in Auhausen. Wie sagt doch der neue Pfarrer Siegward Kleeßen, Anfang Februar mit Frau und zwei Töchtern in Auhausen aufgezogen, gebürtig. aus der Mark Brandenburg, Architekt und Fachjournalist, ehe er als Spätberufener Theologie studierte? „Umarmt habe ich sie noch nicht, diese Kirche. Sehen Sie, das ist ein Schatz, den man sich nur langsam aneignen kann."

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Zehn Jahre dauerte die Generalrestaurierung der einstigen Kloster- und späteren protestantischen Pfarrkirche. Jetzt strahlt das Gotteshaus wieder benediktinischen Geist aus


Das prächtige Chorgestühl, 1519 von einem Donauwörther Schreiner geschaffen, ist mitsamt den Beschädigungen stehen geblieben, die ihm wenig später Rieser Bauern zufügten


Obwohl er bei den Plünderungen im Bauernkrieg seine Nase eingebüßt hat, ist dieser Ambrosius vom Chorgestühl noch ein Beispiel für die künstlerische und handwerkliche Qualität der Schnitzarbeiten


Sein bedeutendstes Altarwerk schuf der Dürer-Schüler Hans Schäufelin im Auftrag des letzten Abtes von Auhausen vor Auflösung des Klosters


Die mächtige Westfront der ehemaligen Klosterkirche Auhausen ist nach der Restaurierung frei zugänglich. Jahrhunderte hindurch war der Eingang nur von der Seite möglich