25. Januar 1970

Mangel an Geistlichen in der Landeskirche riesengroß
Installation von Pfarrer Maisel - Festgottesdienst mit Ehrengästen

Auhausen – Am vergangenen Sonntag, dem Tag der Bekehrung des Apostel Paulus, fand die Einweisung des neuen Ortspfarrers Wilhelm Maisel, bisher Untermagerbein, Dekanat Ebermergen, statt. Bereits vor dem Festgottesdienst begrüßte Dekan Reinhold Schultz im Pfarrhaus die Ehrengäste. Sein besonderer Gruß galt Landrat Gerhard Müller, der zum letzten Male an einer Installation im Dekanat Oettingen zu Gast war. Mit freundlichen Worten des Dankes erinnerte Dekan Schultz daran, daß der scheidende Landrat in all den Jahren dem Dekanat und seinen Anliegen aufgeschlossen zur Seite stand.
Vom Pfarrhof weg setzte sich der Festzug in Bewegung. Dem Posaunenchor mit seinem Dirigenten Otto Just folgten die Geistlichen Dekan R. Schultz, Senior Mayerhofer, Heuberg, Hans-Gerhard Reutner, Mönchsdeggingen und Pfarrer Wilhelm Maisel. Bürgermeister Friedrich Held mit seinen Gemeinderäten und die Kirchenvorsteher Hans Schneider, Friedrich Zimmerer, Karl Röttinger, Hermann Köhnlein, Fritz Kaußler und Christian Schreitmüller schlossen sich an. Der Festgottesdienst wurde mit dem alten Epiphaniaslied „Wie schön leuchtet der Morgenstern“, begleitet vom Posaunenchor, eröffnet.

Freude der Gemeinde
Pfarrer Hans-Gerhard Reutner verlas zum Sonntag Septuagesima das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg aus dem Evangelium des Matthäus, Kapitel 20. Frau Dr. Lore Betz leitete anschließend den Gesang des Kirchenchores. Vom Kreuzaltar aus stellte Dekan Schultz dann seine Predigt unter das Pauluswort aus dem zweiten Korintherbrief, Kapitel 12, 9: „Laß dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“. Der Prediger ging aus von der Freude in der Gemeinde Auhausen, die nun wieder einen eigenen Pfarrer bekommen habe, denn es wirke sich auf das Gemeindeleben negativ aus, wenn kein ständiger Pfarrer da sei. Allerdings sei es in der Kirchenleitung zu einem richtigen Problem geworden, die kleinen Pfarrstellen in der bayerischen Landeskirche zu besetzen. „Der Mangel an Pfarrern in der Landeskirche ist riesengroß“, stellte Dekan R. Schultz fest. – Vergleichend wies er auf städtische Mammutgemeinden hin, die größer als alle Oettinger Dekanatsgemeinden zusammen seien. Auf der anderen Seite sei es aber ein Gebot der Dankbarkeit, daß man die Pfarrstellen in den kleinen Kirchengemeinden nicht einfach verwaisen läßt.

Zeit des Kirchenkampfes
Dekan Schultz erinnerte die Kirchengemeinde an die Zeit des Kirchenkampfes. Damals seien es gerade die kleinen Landgemeinden gewesen, die in unverbrüchlicher Treue zum Glauben ihrer Väter und zu ihrer Kirche gestanden sind. Deshalb sei es tief bedauerlich, wenn heute gerade diese Gemeinden von dem Pfarrermangel am härtesten betroffen werden sollten. Seinen Amtsbruder W. Maisel ansprechend, meinte Dekan Schultz, daß es diesem sicherlich nicht leicht gewesen sei, nach 23 Jahren Seelsorge in Untermagerbein von dort zu scheiden. Er habe beim Scheiden ein Stück seines Selbst zurücklassen müssen. Hier in Auhausen erwarte ihn eine neue und größere Aufgabe. „Dazu wünsche ich dem neuen Pfarrer viel Kraft, Gesundheit und Freudigkeit und Gottes gnädige Hilfe“. Doch müsse man sich vor der gefährlichen Einbildung hüten, als ob aller Erfolg nur abhängig wäre von unserem Planen und Ausführen. „In der heutigen Zeit geschieht es sehr rasch, daß wir uns wund reiben müssen an der Grenze unseres Vermögen und unserer Kraft“. Wir lebten heute in einer Zeit, in der die Kirche nicht mehr wie in den fünfziger Jahren im Windschatten der allgemeinen Wertschätzung unseres Volkes stand. Stürme und rauhe Winde der Kritik gingen über die Kirche hinweg, eine Kritik, die nicht immer sachlich und gerecht sei.
So gebe es genügend Situationen im Pfarrerdasein, in denen der Geistliche sehr rasch am Ende des Lateins sein könne. Entweder müsse man resignieren oder Gebrauch machen von der Zusage, wie sie Paulus in der hohen Offenbarung des Herrn berichtet. „Der Nullpunkt unserer Kraft kann der Ausgangspunkt der Gnade Gottes in unserem Leben sein“. Die Zusage Gottes „Laß dir an meiner Gnade genügen“ gebe er weiter an den neuen Pfarrer. „Das laß deine Hauptsorge sein; laß dich nicht irremachen!“

ein vertrautes Bild vergangener Tage: der Staatssekretär - und Förderer der Klosterkirche von Auhausen - Anton Jaumann mit dem "Motor" der großen Kirchenrenovierung: Pfarrer Wilhelm Maisel

Für den Pfarrer beten
Die Kirchenvorsteher und die Gemeinde forderte der Dekan auf, für den Pfarrer zu beten, denn, „Gemeinden, die für ihren Pfarrer nicht beten, lassen ihn im Stich“. Anschließend trat Pfarrer W. Maisel, begleitet von Senior Mayerhofer und Pfarrer H.-G. Reutner, an den Altar. Senior Mayerhofer verlas die Bestallungsurkunde vom Landesbischof der Evangelischen Kirche H. Dietzfelbinger DD. Mit Wirkung vom 16. Januar 1970 hat die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Pfarrer Wilhelm Maisel mit allen Rechten und Pflichten in die Pfarrei Auhausen, Dekanat Oettingen, eingesetzt. Nach dem Gemeindegesang „Nun bitten wir den heiligen Geist“ erfolgte das feierliche Gelöbnis des neuen Ortspfarrers „vor Gottes Angesicht und vor der Gemeinde“. Nach dem Gelöbnis der Kirchenvorsteher, Wilhelm Maisel als Hirten der Gemeinde anzunehmen, betete die Gemeinde unter dem Geläute der Klosterglocken, deren älteste aus dem Jahr 1264 stammt, gemeinsam das Vaterunser. Nach der Einsegnung durch Handauflegen der drei Geistlichen wurde die Installation mit dem Liede „Herr Jesu, der du selbst von Gott als Lehrer gekommen“ beschlossen.

Ein festes Herz
Pfarrer W. Maisel stellte seine Antrittspredigt unter die neutestamentlichen Worte des 13. Kapitels aus dem Hebräerbrief. Ein festes Herz zu haben in der Zeit der Unsicherheit und Angst ist das größte. Von Natur sei des Menschen Herz bald trotzig, bald verzagt, nicht fest. Fest werde es nur durch die Gnade, und Gnade sei niemand anders als Jesus Christus selbst. „Jesus Christus, gestern und heute, und derselbe auch in Ewigkeit“, diesen Spruch habe er über 23 Jahre lang in seiner früheren Kirche über dem Kirchenbogen vor Augen gehabt. Er habe ihm gleichsam als Programm seiner Arbeit und seines Wirkens in Auhausen gewählt. Ein festes Herz haben, heißt, fest im Glauben stehen. Und da der Mensch ohne Christus keinen festen Stand habe, gelte es, die Zeit zu nutzen. Ein festes Herz haben, heiße auch, frei werden von der Lebensangst und Not“. Das Gotteswort bedeute auch, in der brüderlichen Liebe zu stehen und ein Leben in Reinheit zu führen. Begleitet vom Posaunenchor beschloß die Gemeinde den Festgottesdienst mit dem Liede „Laß mich dein sein und bleiben“.

Die Ehrengäste werden im neuerbauten Pfarrhaus von Auhausen begrüßt	Auszug aus der Klosterkirche

Kurze Begrüßung
Im Pfarrhaus schloß sich eine kurze Begrüßung an. Staatssekretär Anton Jaumann sagte zu den Festgästen, die Geistlichkeit habe mit den Politikern eines gemeinsam: sie müsse führen. Zunächst sei an der altehrwürdigen Kirche weiterzubauen, die Kirche zu restaurieren. Die Kirchenrenovierung sei im gewissen Sinne eine seelsorgerische Aufgabe, weil die Kirche über die irdischen Dinge hinausweise und auf Gott zeige. Es komme im wesentlichen darauf an, den Menschen weiter zu seiner Zielbestimmung zu leiten. Landrat G. Müller erinnerte daran, daß er durch seine 18jährige Tätigkeit als Landrat Pfarrer Maisel schon sehr lange kenne. Im Namen des Landkreises spreche er die Glückwünsche zu seiner Ernennung aus. „Sie werden eine schöne und gute Gemeinde bekommen“. Die große Aufgabe des neuen Amtes liege darin, daß sie sich nicht nur auf einen größeren Bereich erstrecke, sondern auch in der notwendigen äußeren Gestaltung dieser Kirche. Landrat G. Müller wünschte dazu Gottes Segen und eine glückliche Hand.

Kirche und Schule
Bürgermeister Friedrich Held wünschte dem neuen Geistlichen ebenfalls, daß er sein Amt zum Segen der ganzen Gemeinde ausüben möge und überbrachte dazu die Glückwünsche der politischen Gemeinde. Oberlehrer Horst Wegehaupt betonte das gute Verhältnis, das bisher Kirche und Schule zueinander gehabt hätten. Er wünsche sich weiterhin zwischen beiden Einrichtungen die bisherige Offenheit und Ehrlichkeit und gute Zusammenarbeit zum Segen der Jugend und hieß für die Schule Pfarrer W. Maisel herzlich willkommen. Im Namen des Kirchenvorstandes bekräftigte Kirchenvorsteher Friedrich Zimmerer nochmals das gegenseitige Bekenntnis zur segensreichen Zusammenarbeit: „Mit Gottes Hilfe werden Sie und wir als Kirchengemeinde die nächsten Jahre miteinander gehen.“ Auch Senior Erich Mayerhofer hieß den Amtsbruder im Kapitel namens seiner Pfarrkollegen herzlich willkommen. Zu dem schönen neu gebauten Pfarrhaus solle bald eine renovierte Kirche („möglichst mit Heizung“) kommen.
Für all die guten Wünsche bedankte sich der Hausherr herzlich und bat um Gottes Segen für seine Arbeit. Das Schlußwort sprach Dekan Schultz. Er bedankte sich für die guten Wünsche, die dem neuen Pfarrer von Auhausen mitgegeben wurden, auch für die treuen und wertvollen Dienste an Kirche, Schule und Kindergarten seitens des Staates und des Landkreises. Er sei dankbar für jede Unterstützung und Mitarbeit in seinem Dekanat. Kirchenpfleger Hans Schneider dankte Dekan R. Schultz für die anhaltende Unterstützung, die die Kirche Auhausen stets von Dekan Schultz erfahren durfte.

Seit 439 Jahren
Pfarrer Wilhelm Maisel hat damit die Nachfolge von Pfarrer Walter Rödiger angetreten, der am 1. Dezember 1969 in den Ruhestand getreten ist. Die ehemalige Klosterkirche Auhausen, einst von Benediktinern nach der uralten Weisung des Ordens „Bet und arbeit“ geleitet, ist bereits seit 439 Jahren Gotteshaus der evangelischen Kirchengemeinde Auhausen. Es birgt als eines der wertvollsten Kunstschätze dies Rieses das größte und reifste Altarbauwerk von Hans Schäufelin aus dem Jahr 1513, den Hochaltar.

Bericht aus Rieser Nachrichten – k.g